Unser erster großer
Abschnitt soll uns von Buenos Aires durch Patagonien bis nach Feuerland führen.
Wir wollen die Ruta Nacional 3 Richtung Süden fahren, die küstennah im Osten
Argentiniens verläuft. Mehr als 10 Tage wollen wir für die 3600 km nicht
verwenden obwohl auch 21 Tage möglich wären. Die eingesparten Tage wollen wir
lieber im interessanteren Teil Patagoniens auf der Andenseite verbringen bzw.
in Chile. Ein Besuch an der Atlantikküste und am Ende der Welt ist dennoch
Pflicht und so passt uns die erste Etappe ganz gut, obwohl wir nicht erwarten
viel Spannendes zu sehen.
11. Februar 2015 – Fahrt nach Las Flores
Gegen Mittag haben wir unsere Autos abgeholt. Bucki fährt
Marcs Wagen. Als erstes geht es zur Tankstelle, wo sich auch schon das erste
Problem auftut. Der Tankstutzen an Nikos G ist undicht. Ein schneller
Reparaturversuch ist erfolglos und er kann erst einmal „nur“ den regulären Tank
von 96 Litern nutzen. Der 80 Liter Floor-Zusatztank würde über den Stutzen leer
laufen.
Am Coto Supermarkt treffen wir Janek und Marc, kaufen
reichlich ein und machen uns auf den Weg. Wir wollen den ersten Tag nur knapp
200km fahren auf einen Campingplatz bei Las Flores und erst einmal in Ruhe den
Zeltaufbau und alles proben.
Die Fahrt verläuft gut und der Campingplatz liegt idyllisch
zwischen einem See und einer nicht ganz so ruhigen Eisenbahnlinie. Angrillen mit dem "Son of Hibashi" Grill klappt gut und wir
können um Mitternacht auf Nikos Geburtstag anstoßen und ein Stück Kuchen essen.
Nur die Toiletten erfreuen uns nicht. Eigentlich verdienen sie diesen Namen
nicht einmal.
12. Februar 2015 – Fahrt nach Bahia Blanca
Um 7:00 Uhr werden wir vom Rasenmäher auf dem Campingplatz
geweckt. Wenig Grass, aber drei Männer sind voll beschäftigt.
Gestern war es 34°C warm und auch heute sind
wir froh, dass wir nach 2h abfahrbereit sind, gerade noch bevor es richtig warm
wird. Auf der Fahrt nach Bahia Blanca geht der G auf einmal mit ¼ vollem Tank aus,
EPC Fehler steht im Display und „suchen sie eine Werkstatt auf“. Das Problem
hatte ich schon einmal, die Pumpe fördert keinen Diesel mehr bzw. zieht Luft. Woran
das liegt weiß ich noch nicht, aber wenn man einen Kanister Diesel nachgekippt kann
es schon weitergehen durch die feuchte grüne Pampa. Die nächsten Kilometer wird
diskutiert was die Ursache des Problems sein könnte. Leider ist keine Theorie
schlüssig, aber wir einigen uns drauf, das man das Problem näher einkreisen
könnte wenn man den Unterdruck, der im Tank besteht, eliminiert. Also bei ¼
voll mal die Tankdeckeldichtung ausbauen. Das tun wir später und es scheint besser zu
werden. Aber warum? Und warum ist der Unterdruck kein Problem bei vollem Tank?
Gegen 16:45 kommen wir auf dem „Camping Parque“ bei Bahia
Blanca an. Von 275 Peso geht die Platzbetreiberin auf 250 Peso (25€) runter,
damit wir bleiben. Von dem was wir uns als Deutsche unter einem Campingplatz
vorstellen ist auch dieser Platz Lichtjahre entfernt. Ein Klo ist immerhin
vorhanden. Wie die Betreiberin versichert
ist es „impecable“ (besser geht nicht) doch uns fallen sofort ein paar
Verbesserungsvorschläge wie eine verschließbar Tür oder Klopapier ein, die wir
aber für uns behalten. Zelt aufgebaut, Grill raus, entspannen.
Nach dem Essen wollen wir den Fluss bewundern. Leider ist
Ebbe und außer einem Rinnsal mit jeder Menge alten Reifen und Müll ist nichts
zu sehen.
Wir bleiben besser bei unserem Zelt sitzen. Im Dunkeln sieht man auch
nicht so genau wie die Dusche aussieht. Also frisch geduscht in den Schlafsack.
13. Februar Freitag – Fahrt nach Santiago de Este
Der Plan für den Tag ist schnell gemacht. Gutes Rindfleisch
beim Schlachter einkaufen (ich habe mich gestern erkundigt) und dann 450km
weiter Richtung Süden, nach San Antonio de Este. Wir finden den Schlachter
sofort und sind begeistert. Ein Ort der Diesen Namen verdient! Rindfleisch in
Bergen. Ich lasse mit „bife de lomo“ (Rinderfilet) und „bife chorizo“ (Rib Eye)
zeigen und von beidem 2kg einpacken. Im Handelshof wären jetzt mindestens 150€
fällig gewesen. Hier bezahlen wir 320 Pesos, also so um die die 30€ (ca.
8€/kg)! Schon krass, 200gr „El Gallino“ Schokolade kosten dagegen 245 Peso. Man
muss sich in Argentinien also von Fleisch ernähren.
Frohen Mutes machen wir uns auf den Weg und landen nach
wenigen Kilometern in einer Lebensmittelkontrolle. Damit hatten wir nicht
gerechnet. Um die Ausbreitung von Krankheiten zu vermeiden gibt es bestimmte
Grenzen, über die man kein Obst, Gemüse oder „rotes Fleisch“ bringen darf. Zum
Glück begnügt sich der Beamte mit einem Blick in den Kofferraum wo nichts
dergleichen zu finden ist. Glück gehabt. Ab jetzt sind wir vorgewarnt. Als das
nächste Schild mit der Ankündigung einer Lebensmittelkontrolle auftaucht stoppe
ich die volle 3,7 Tonnen G-Klasse per Vollbremsung auf dem Seitenstreifen und
Matthias vollzieht eine akrobatische Wendung auf dem Beifahrersitz, greift in
die Kühlbox hinter dem Sitz und verfrachtet unsere zwei Rationen Grillgut
blitzartig in an einen sichereren Ort in der Fahrzeugmitte, uneinsichtig für
neugierige Beamte. Entspannt rolle ich an dem Kontrollposten. Und diesmal
wollen sie alles sehen, auch die Kühlbox. Alles gut. Ich erkundige mich noch
schnell wo wir die nächste Kontrolle erwarten dürfen was mit freundlich
mitgeteilt wird. Von wegen Freitag der 13., alles glatt gegangen.
Abends stellen wir unser Zelt am Strand in der Nähe von
Santiago de Este auf. Viel besser als ein Campingplatz und in Argentinien
erlaubt. Die Polizei, die auf Quads den Strand abfährt grüßt sogar nett, so wie eigentlich alle Argentinier.
Erst ist man ja irritiert wenn einem jedes dritte Auto aufblendet, Warnblinker
betätigt und grüßt. Licht nicht an? Irgendwas lose am Auto? Nein, die freuen
sich alle nur uns zu sehen.
Den Tag beenden wir mit einer langen Sitzung in den
Campingstühlen, die Köpfe weit nach hinten ins Kopfteil abgelegt. So ein toller Sternenhimmel, mit so vielen
Sternen – einmalig. Wir beobachten die vorbeiziehenden Satelliten auf dessen
Sonnensegeln das Licht reflektiert und auch so manche Sternschnuppe. Traumhaft.
14. Februar 2015 – Samstag
Das wilde Campen hat uns so gut gefallen, dass wir
beschließen es gleich noch einmal zu wiederholen. Ca. 550km bis Rawson wollen wir schaffen. Das die
Pampa trockener und eintöniger wird hat keiner was dagegen möglichst viele
Kilometer abzuspulen.
Die Platzsuche bei Rawson gestaltet sich etwas schwierig.
Der erste See, den wir ausgesucht hatten entpuppt sich aus
Abwassersammelstelle, unweit gelegen von einer Mülldeponie.
Einmal schnuppern
räumt auch den letzten Zweifel aus, hier hält man es nicht aus. 200 Meter
weiter fahren wir auf dem Schotterweg zu unserer Überraschung dennoch an einer
ärmlichen Siedlung vorbei. Für uns befremdlich und bedrückend, aber alle Leute
vor den Hütten freuen sich und winken.
Auch der Versuch am Fluss zu campen scheitert. Überall hat
der Wind den Plastikmüll verteilt und die einzig schöne Stelle liegt zu dicht
an der Straße. Wir fahren also noch ein Stückchen weiter und finden ein
traumhaftes Plätzchen ob auf einer Steilküste mit phantastischem Blick
(Position -43.404265 -65.055022).
Der Wind ist allerdings immer noch so stark,
dass wir Grillfleisch, Bratkartoffeln und Salat im Zelt zubereiten und auch
dort essen. Nachts ist es zum Glück nicht mehr so windig und auch der Fahrer des
Autos, das dann noch ankommt führt nichts Schlimmes im Schilde, sondern parkt
nur zum Schlafen. Mein Feldbett und der Daunenschlafsack kommt mir noch ein
bisschen mehr wie Luxus vor als schon in den letzten Nächten.
15. Februar 2015 – Fahrt nach Caleta Olivia
Frisch gestärkt durch Cornflakes, Joghurt und Orangensaft
sind wir schon um 8:45 startklar. Wieder stehen ca. 500km auf der Ruta Nacional
3 an. Die Landschaft wird immer trockener, aber wir sehen dennoch viele Tiere –
die meisten überfahren am Straßenrand…
Ich erfülle Buckis Wunsch einmal zu versuchen ein Emu zu
fangen und halte als wir zwei stattliche Exemplare sehen. Die sehen uns
allerdings auch und nehmen sofort Reißaus. Rückwärtsgang rein und hinterher.
Gute 20km/h machen die Tiere und Bucki muss einsehen, dass er auch dann nicht
hinterher kommen wird wenn er seine Sandalen gegen Turnschuhe tauscht. Naja,
vielleicht auch besser so, wer hätte das Tier auch zubereiten sollen.
In Caleta Olivia machen wir uns auf die Suche nach dem
ersten Campingplatz in Strandnähe. Als wir ihn erreichen bin ich mir nicht
sicher ob es zwei betonierte Tennisplätze oder ein Campingplatz ist. Die 24
aufgemauerten Grillstellen deuten auf letzteres hin. Noch im Auto sitzend werde
ich aber schon informiert, dass der Platz kein Wasser hat und wir lieber den
anderen am Ende des Ortes benutzen sollten. Also machen wir uns auf den Weg
dorthin. Und wieder geht es an jeder Menge freiwehender Plastiktüten und einer
Müllkippe vorbei. Schlechte Vorboten. Der Platz selbst ist nicht viel besser.
Eine Dusche, ein kleines Klo, ein schief angebautes Waschbecken. Natürlich
alles „impecable“. Camping auf jedem Autobahnparkplatz wäre schöner und kostet
nicht 350 Peso. Die Entscheidung ein Hotel zu suchen ist schnell und einstimmig
getroffen.
Hier erweist sich schon das erste als sehr gut. „Patagonia
Hotel“, für 590 Peso das Doppelzimmer inklusiver Frühstücksbuffet. Wir checken
ein und sind dann aber auch gleich wieder unterwegs. Essen, also grillen,
wollen wir selbst am Strand. Am ersten Abschnitt ist der Strand zu weich für
die schweren Fahrzeuge. Nikos „rosa Auto“ stößt einiges an Dieselrauchschwaden
aus, bevor er sich vor den Augen der Strandbesucher wieder aus dem Kies gefräst
hat.
Beim zweiten Abschnitt ist es besser und alle drei Autos fahren an einen
erhöhten Punkt.
Nach dem Essen repariert Niko noch schnell seinen Tankstutzen.
Hi-Lift, Werkzeug, Schweißgerät und Silberlot man natürlich am Strand immer
dabei.
16. Februar 2015 – Fahrt nach Puerto San Julian
Die Nacht im Hotel Patagonia war nach drei Tagen Zelten
schon ganz angenehm. Besonders die Dusche, aber auch dass es ein
Frühstücksbuffet gab. Nachdem wir getankt und Geld am Automaten geholt hatten
(16. Und 17. Feb. Sind Feiertage, Karneval), kaufen ich noch Rinderfilet ein
(2kg 24€) und alle weiteren Vorräte werden im Supermarkt aufgefüllt.
Auf dem Weg aus Caleta Olivia verlieren wir dann die anderen
beiden Wagen. Die Auffahrt, die wir zur RN3 nehmen wollten ist auch für einen G
gesperrt. Den ersten Sandhaufen können wir zwar noch umfahren, das Loch in der
Fahrbahn dann aber nicht mehr. Auch die zweite Auffahrt ist nicht zu erreichen.
Wir sind am überlegen was zu tun ist, als ein Einheimischer seinen Wagen neben
meinem zum Halten bringt und anbietet vorzufahren. Als Deutscher denkt man da
natürlich zunächst, der will uns in eine abgelegene Ecke locken und das Auto
leichter machen, oder uns zu Fußgängern.
Aber nein, die Argentinier sind wirklich so freundlich! 20 Minuten fährt
er quer durch die Stadt vor uns weg, um uns auf den rechten Weg zu bringen. Als
es soweit ist, sind die anderen natürlich schon auf und davon. Da sie annehmen,
dass wir vor ihnen sind warten sie auch nirgends auf uns.
Als wir an der Abfahrt zu den „bosques perificados“
(versteinerte Wälder) vorbeikommen entscheiden wir uns dennoch den 2 Stunden
Abstecher zu machen. Und es lohnt sich. Nie hätte ich gedacht solch große
versteinerte Stücke zu sehen und auch nicht, dass man noch jedes Jahresring
sehen kann.
Als wir in Puerto San Julian ankommen ist die Stimmung natürlich
nicht gerade rosig, aber die Jungs haben die Zeit genutzt und einen schönen
Platz am Atlantik gefunden, am Ende eines 15km Privatwegs. Dort campen wir für
die Nacht. Die Temperaturen sind inzwischen bei ca. 16°C und wir holen schon
die dicken Jacken raus, schliesslich sind es 16°C weniger als noch vor einigen
Tagen. Am Atlantik stehen drei Argentinier und angeln. Ich frage was und wie
sie angeln und versuche mein Glück, obwohl ich kein „poscho“ (pollo, Hühnchen)
habe. Leider ohne Erfolg.
Niko hatte da mehr Glück. Auf seine Kühlerhaube verirrt sich
ein Gürteltier, dass die letzten Sonnenstrahlen genießt.
17. Februar 2015 – Fahrt nach Rio Gallegos
Die Strecke für den Tag ist nur 360km lang. Wenig,
verglichen mit den anderen Tagen. Wir kommen am Nachmittag in der 120.000 Einwohner
Stadt, besichtigen alles von der Einkaufstraße über den Joint-Park bis zur
Hafenzone, bis wir um 20:00 in ein Meeresfrüchterestaurant gehen. Die „caldito
del mar“ und der „rebalo“ als auch der „pejerrey“ sind sehr lecker.
18. Februar 2015 – Fahrt nach Ushuaia
Nach dem leckeren Essen gestern ist es fast schon zu verschmerzen,
dass das Frühstück im Hotel eingeteilt ist (1 kleines Croissant, 2 Toaste) und
wir etwas hungrig aufbrechen. Das Ziel ist klar, wenn alles mit den
Grenzübertritten (2 Stück) und der Fähre über die Magelanstraße gut klappt,
wollen wir abends in der südlichsten Stadt Feuerlands, in Ushuaia sein.
Der erste Grenzübergang von Argentinien nach Chile ist noch
ungewohnt. Bei „Paso 1“ (Schritt 1) anstellen, okay, aber wo bekommt man die
Formulare, die auszufüllen sind? Und warum nimmt man uns in „paso 3“ die
Zollbescheinigung der Fahrzeuge ab? Alles klärt sich in den 5 Schritten und die
Beamten sind freundlich und hilfsbereit. Im Ganzen ging es besser und schneller
als gedacht.
Genauso bei der Fährüberfahrt. Wir müssen den Hot-Dog schon
fast runter würgen, so schnell setzt die Fähre uns über. Auch der Grenzübergang
von Chile nach Argentinien ist wieder einfach. Diesmal zwar unterteilt in zwei
Stationen, aber als alte Hasen durchschauen wir das System sofort.
Ca. 100km vor Ushuaia ändert sich die Landschaft komplett.
Aus dem kargen Land wird eine Berglandschaft mit Flüssen und Bäumen. Was für
ein Panorama. Wir sind alle begeistert.
Die Hotelpreise von 239USD für ein Doppelzimmer und die
nicht Verfügbarkeit von günstigeren Hotels erfreut uns dagegen nicht so sehr. So
gehen wir wieder auf einen Campingplatz, den Campingplatz „Rio Pipo“. Ein wahrer
Glücksgriff, denn der Platz heißt nicht nur so wie der Fluss, er liegt wirklich
direkt daneben, so dass wir Zelt und Lagerfeuer direkt am Fluss haben.
Kann es einem besser geben? Sicher. Bei 12°C wäre jetzt eine deftige Erbsensuppe mit Würstchen das richtige. Das Dachte ich mir schon vorher und hatte eine Dose Erbsensuppe und eine Dose Würstchen in Deutschland im Auto verstaut. 18 Teller Erbsensuppe und 1kg Würstchen. Das reicht auch bei 5 großen Essern, so meine Rechnung, und sie geht auf.
Kann es einem besser geben? Sicher. Bei 12°C wäre jetzt eine deftige Erbsensuppe mit Würstchen das richtige. Das Dachte ich mir schon vorher und hatte eine Dose Erbsensuppe und eine Dose Würstchen in Deutschland im Auto verstaut. 18 Teller Erbsensuppe und 1kg Würstchen. Das reicht auch bei 5 großen Essern, so meine Rechnung, und sie geht auf.
Müde, satt und sehr zufrieden schlüpfen wir in die
Schlafsäcke. Die Fahrt ans Ende der Welt ist geschafft. Anstatt 10 Tagen haben wir nur 8 benötigt. Ab jetzt beginnt der
richtige Urlaub.